Was ist eine Handlungsvollmacht
Die Handlungsvollmacht ist in § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt und gehört zu den wichtigsten Vollmachten im kaufmännischen Alltag. Sie ermächtigt Mitarbeitende oder Dritte, bestimmte Geschäfte für das Unternehmen vorzunehmen, ohne dass eine Prokura erforderlich ist.
Im Gegensatz zur Prokura, die weitreichende Vertretungsrechte gewährt, ist die Handlungsvollmacht inhaltlich beschränkt. Sie kann sich etwa auf den Einkauf, den Verkauf oder das operative Tagesgeschäft beziehen. Damit bildet sie eine flexible Zwischenstufe zwischen der einfachen Vollmacht und der umfassenden Prokura.
Typischerweise wird sie schriftlich erteilt, um die Rechte und Pflichten eindeutig zu dokumentieren. Eine mündliche Vollmacht ist zwar wirksam, hat jedoch keine Beweiskraft.
Expertentipp:
Achte darauf, die Handlungsvollmacht klar von der Prokura abzugrenzen. Während die Prokura im Handelsregister eingetragen werden muss, gilt das für die Handlungsvollmacht nicht. Trotzdem sollte sie immer schriftlich dokumentiert und intern hinterlegt werden, um spätere Nachweisschwierigkeiten zu vermeiden.
Wann brauchst du eine Handlungsvollmacht
1. Im Einkauf und Vertrieb
Im Einkauf und Vertrieb ermöglicht die Handlungsvollmacht, dass Mitarbeiter Verträge mit Lieferanten oder Kunden rechtsverbindlich abschließen können, ohne jedes Mal die Geschäftsführung einbeziehen zu müssen. So kann der Einkauf etwa Preisverhandlungen führen, Bestellungen aufgeben oder Reklamationen bearbeiten.
Wichtig ist dabei, die Befugnisse genau festzulegen – zum Beispiel, dass Einkäufer nur bis zu einem bestimmten Auftragswert handeln dürfen oder keine langfristigen Lieferverträge ohne Rücksprache abschließen. Eine präzise formulierte Handlungsvollmacht schafft Transparenz über Entscheidungsgrenzen und schützt das Unternehmen vor unautorisierten Verpflichtungen.
2. In der Buchhaltung und im Zahlungsverkehr
In der Buchhaltung dient die Handlungsvollmacht dazu, dass Mitarbeitende finanzielle Verpflichtungen eingehen oder Zahlungen anweisen dürfen. Sie kann zum Beispiel regeln, dass ein Buchhalter Überweisungen bis zu einem festgelegten Betrag selbstständig ausführt oder Rechnungen für alltägliche Betriebsausgaben freigibt.
Gerade im Zahlungsverkehr ist das Vertrauen des Unternehmens in die Vollmachtsträger entscheidend. Eine zu weit gefasste Vollmacht birgt Missbrauchsrisiken, während eine zu enge Gestaltung Arbeitsprozesse lähmen kann. Hier gilt es, das richtige Gleichgewicht zu finden.
Darüber hinaus erleichtert eine klar geregelte Vollmacht auch die Kommunikation mit Banken oder Steuerberatern, da diese sofort erkennen, wer zu welchen Handlungen berechtigt ist.
Expertentipp:
Führe im Unternehmen ein zentrales Vollmachtsregister oder ein digitales Dokumentenmanagement ein. So kannst du jederzeit nachvollziehen, wer welche Befugnisse besitzt. Bei personellen Änderungen lässt sich die Vollmacht schnell aktualisieren oder widerrufen – das reduziert Haftungsrisiken erheblich.
3. Im Kundenservice oder Projektmanagement
Im Kundenservice und im Projektmanagement kommt es täglich zu Entscheidungen, die rechtliche Konsequenzen haben können. Ob ein Servicemitarbeiter eine Reparatur freigibt, ein Projektleiter eine Leistungsänderung bestätigt oder eine Reklamation abschließend regelt – all das erfordert rechtliche Handlungskompetenz.
Eine Handlungsvollmacht sorgt dafür, dass solche Entscheidungen verbindlich und ohne Rücksprache getroffen werden dürfen, solange sie im Rahmen der festgelegten Aufgaben liegen. So kann der Projektleiter Verträge über zusätzliche Leistungen schließen oder der Kundenberater Preisnachlässe gewähren – immer innerhalb klarer Grenzen.
Diese Form der Delegation beschleunigt die Bearbeitung von Kundenanliegen erheblich und verhindert Stillstände, die durch ständige Freigaben der Geschäftsführung entstehen würden.
4. Bei der Vertretung gegenüber Dritten
Eine Handlungsvollmacht ist auch bei der Vertretung gegenüber externen Stellen unverzichtbar. Unternehmen treten regelmäßig mit Behörden, Banken, Versicherungen oder Geschäftspartnern in Kontakt. Dort muss oft kurzfristig eine rechtlich verbindliche Erklärung abgegeben oder ein Dokument unterzeichnet werden.
Ein Mitarbeiter mit entsprechender Vollmacht kann etwa Anträge bei Ämtern einreichen, Steuererklärungen unterzeichnen oder Kreditunterlagen bei der Bank abgeben. Dadurch bleibt das Unternehmen handlungsfähig, auch wenn die Geschäftsführung nicht anwesend ist.
In solchen Fällen ist es besonders wichtig, die Vollmacht schriftlich vorzulegen. Viele Institutionen akzeptieren nur Dokumente, die den Umfang der Vertretungsbefugnis klar erkennen lassen. Eine standardisierte Vorlage mit Unterschrift und Datumsangabe bietet hier maximale Rechtssicherheit.
Wie erstellt man eine Handlungsvollmacht
1. Form und Art der Vollmacht festlegen
Zu Beginn entscheidest du, welche Art der Handlungsvollmacht benötigt wird. Das Handelsgesetzbuch unterscheidet zwischen der Einzelhandlungsvollmacht, der Artvollmacht und der Generalhandlungsvollmacht.
Die Einzelhandlungsvollmacht gilt für genau eine Person und meist für klar abgegrenzte Aufgaben – etwa den Einkauf bestimmter Waren oder die Unterzeichnung von Rechnungen. Die Artvollmacht ermächtigt den Bevollmächtigten zu einer wiederkehrenden Tätigkeit, zum Beispiel der Leitung einer Abteilung oder der Verhandlung von Verträgen in einem bestimmten Geschäftsbereich.
Eine Generalhandlungsvollmacht schließlich verleiht umfassendere Befugnisse für alle gewöhnlichen Geschäfte des Handelsgewerbes, ausgenommen außergewöhnliche Rechtsgeschäfte wie Grundstückserwerb oder Kreditaufnahmen (§ 54 Abs. 2 HGB).
2. Geltungsbereich und Grenzen definieren
Ein zentraler Schritt bei der Erstellung der Handlungsvollmacht ist die genaue Definition des Geltungsbereichs. Darin wird festgelegt, welche Handlungen erlaubt sind – etwa der Abschluss von Verträgen, das Tätigen von Bestellungen oder die Genehmigung von Zahlungen.
Wichtig ist, dass du den Handlungsspielraum auf konkrete Aufgaben beschränkst. Beispielsweise kann ein Einkaufsleiter berechtigt sein, Lieferverträge bis zu einem bestimmten Wert abzuschließen, während höhere Beträge die Genehmigung der Geschäftsführung erfordern.
Klare Grenzen verhindern, dass Mitarbeitende ungewollt Verpflichtungen eingehen, für die sie nicht befugt sind. Auch sollten riskante oder außergewöhnliche Geschäfte – wie Darlehensverträge, Immobilienkäufe oder Bürgschaften – ausdrücklich ausgeschlossen werden.
3. Personalien und Unternehmensdaten eintragen
Eine Handlungsvollmacht ist nur dann eindeutig, wenn alle relevanten Daten präzise angegeben werden. Das betrifft sowohl den Vollmachtgeber als auch den Bevollmächtigten.
Trage den vollständigen Namen, die Position und die Kontaktdaten der bevollmächtigten Person ein. Ebenso sollte das Unternehmen mit seiner vollständigen Rechtsform, Anschrift und gegebenenfalls Handelsregisternummer genannt werden. Dadurch lässt sich später zweifelsfrei nachvollziehen, wer welche Befugnisse erhalten hat.
Gerade in größeren Unternehmen mit mehreren Standorten ist eine genaue Zuordnung wichtig, um Kompetenzbereiche sauber voneinander abzugrenzen. Wenn die Vollmacht für bestimmte Filialen oder Niederlassungen gilt, sollte dies ausdrücklich erwähnt werden.
4. Unterzeichnung und Datum
Damit eine Handlungsvollmacht rechtswirksam ist, muss sie schriftlich unterzeichnet werden. Nach § 167 BGB kann zwar auch eine mündliche Vollmacht erteilt werden, doch in der Praxis hat die Schriftform entscheidende Vorteile: Sie dient als Nachweis gegenüber Dritten und schafft klare Verhältnisse im Unternehmen.
Neben der Unterschrift des Vollmachtgebers sollten Ort und Datum angegeben werden, um den Beginn der Gültigkeit eindeutig festzuhalten. Eine maschinelle oder elektronische Unterschrift reicht nur dann aus, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist und der Empfänger diese Form ausdrücklich akzeptiert.
In vielen Fällen empfiehlt es sich außerdem, dass der Bevollmächtigte die Vollmacht gegenzeichnet. Damit bestätigt er, dass er den Umfang und die Grenzen seiner Befugnisse verstanden hat. Diese Rückbestätigung reduziert Missverständnisse und stärkt die interne Nachvollziehbarkeit.
Expertentipp:
Nutze bei digital erstellten Vollmachten qualifizierte elektronische Signaturen, um Rechtsverbindlichkeit sicherzustellen. Die elektronische Form nach der eIDAS-Verordnung ist in Deutschland rechtsgültig anerkannt. Bewahre signierte Dokumente in einem zentralen System auf, um spätere Nachweise zu erleichtern.
5. Widerrufsmöglichkeit regeln
Jede Handlungsvollmacht sollte eine eindeutige Widerrufsklausel enthalten. Sie ermöglicht es, die Vollmacht jederzeit zu beenden, wenn sich Zuständigkeiten ändern, Mitarbeitende das Unternehmen verlassen oder Vertrauensverhältnisse gestört sind.
Der Widerruf sollte stets schriftlich erfolgen – idealerweise per Brief oder E-Mail mit Empfangsbestätigung. Mündliche Widerrufe sind zwar rechtlich möglich, aber kaum nachweisbar. Außerdem muss der Widerruf allen betroffenen Parteien bekannt gemacht werden, insbesondere Geschäftspartnern oder Banken, die die Vollmacht bisher akzeptiert haben.
Wird eine Vollmacht widerrufen, ohne dass externe Stellen informiert werden, kann das Unternehmen weiterhin an Handlungen des ehemaligen Bevollmächtigten gebunden sein (§ 170 BGB). Deshalb ist die interne und externe Dokumentation des Widerrufs besonders wichtig.
Was sollte eine Handlungsvollmacht enthalten
Damit die Handlungsvollmacht rechtlich Bestand hat, müssen bestimmte Bestandteile enthalten sein:
- Angaben zu den Parteien: Namen, Adressen und Funktionen von Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem. Dadurch ist eindeutig erkennbar, wer für wen handelt.
- Umfang der Vollmacht: Definiere, für welche Geschäfte sie gilt – beispielsweise für Vertragsabschlüsse, Zahlungsanweisungen oder Bestellungen.
- Beschränkungen: Schließe ausdrücklich bestimmte Rechtsgeschäfte aus, etwa Grundstücksgeschäfte, Darlehensaufnahmen oder Bürgschaften. So bleibt der Handlungsspielraum klar begrenzt.
- Dauer und Gültigkeit: Eine Handlungsvollmacht kann zeitlich befristet oder unbefristet erteilt werden. Ohne Befristung bleibt sie bis zum Widerruf wirksam.
- Unterschrift und Dokumentation: Unterschrift und Datum sind zwingend erforderlich. Bewahre die Vollmacht sicher auf, idealerweise digital archiviert, damit sie jederzeit nachweisbar ist.
Expertentipp:
Überprüfe alle Handlungsvollmachten mindestens einmal jährlich. Änderungen in der Organisationsstruktur, im Personal oder in den Aufgabenbereichen sollten sofort dokumentiert und mit einer neuen Vollmacht festgehalten werden. Eine regelmäßige Aktualisierung ist Teil einer wirksamen internen Compliance.
Praktische Tipps zur Erstellung einer Handlungsvollmacht
Eine gute Handlungsvollmacht zeichnet sich durch klare Formulierungen, eindeutige Zuständigkeiten und einfache Nachvollziehbarkeit aus.
- Klare Sprache verwenden: Juristische Fachbegriffe sind oft schwer verständlich. Verwende einfache, aber präzise Sprache, damit alle Beteiligten wissen, was erlaubt ist und was nicht.
- Schriftliche Form bevorzugen: Auch wenn mündliche Vollmachten rechtlich möglich sind, bietet nur die Schriftform Beweissicherheit. Drucke das Dokument aus oder speichere es digital mit Signatur.
- Regelmäßige Überprüfung: Unternehmensstrukturen ändern sich. Prüfe bestehende Vollmachten regelmäßig, um sicherzustellen, dass sie noch aktuell und relevant sind.
- Interne Kommunikation: Informiere Abteilungen, Vorgesetzte und ggf. Partnerunternehmen über erteilte Vollmachten. Das verhindert Missverständnisse im Geschäftsablauf.
Wichtige Erkenntnisse
Die Handlungsvollmacht ist ein vielseitiges Instrument, um Mitarbeiter rechtssicher zu bevollmächtigen. Sie bietet Unternehmen Flexibilität, ohne den umfassenden Charakter einer Prokura.
Durch eine präzise Formulierung lassen sich Risiken vermeiden und Verantwortlichkeiten eindeutig zuordnen.
Mit einer professionell erstellten Vorlage stellst du sicher, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind und dein Unternehmen effizient handeln kann.


