Was ist eine Abmahnung im Arbeitsrecht
Eine Abmahnung ist eine formelle Rüge, mit der der Arbeitgeber ein konkretes Fehlverhalten eines Arbeitnehmers beanstandet. Sie hat drei Funktionen: die Hinweisfunktion, die Warnfunktion und die Dokumentationsfunktion.
Damit signalisiert der Arbeitgeber, dass eine bestimmte Pflichtverletzung inakzeptabel ist, und warnt gleichzeitig, dass im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen – bis hin zur Kündigung – drohen können.
Die Abmahnung basiert rechtlich auf den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere den §§ 314 und 626 BGB, sowie auf dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Sie ist somit keine Willenserklärung, sondern eine geschäftsähnliche Handlung mit erheblichen rechtlichen Folgen.
Eine Abmahnung ist häufig Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Ohne vorherige Abmahnung kann eine Kündigung in vielen Fällen unwirksam sein.
Expertentipp:
Achte darauf, dass du die Abmahnung immer als letzte Warnung formulierst und keine vagen Begriffe verwendest. Begriffe wie „künftig bitte verbessern“ sind rechtlich zu weich. Verwende klare Formulierungen wie „Bei Wiederholung behalten wir uns arbeitsrechtliche Schritte bis hin zur Kündigung vor“. Nur so erfüllt die Abmahnung die gesetzlich geforderte Warnfunktion nach § 626 BGB.
Wann braucht man eine Abmahnung im Arbeitsrecht
Eine Abmahnung ist notwendig, wenn ein Arbeitnehmer gegen vertragliche Pflichten verstößt, der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aber fortsetzen möchte. Sie ist also das Mittel der Wahl, um Fehlverhalten zu sanktionieren, ohne direkt zur Kündigung zu greifen.
1. Unentschuldigtes Fehlen
Bleibt ein Arbeitnehmer seiner Arbeit ohne Genehmigung oder Krankmeldung fern, liegt ein klarer Verstoß gegen seine Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsvertrag vor. Diese Pflichtverletzung betrifft die sogenannte Arbeitspflicht (§ 611a BGB), die zu den Kernpflichten des Arbeitsverhältnisses gehört.
Ein einmaliges, versehentliches Fehlen kann durch ein Gespräch geklärt werden. Wenn sich das Verhalten jedoch wiederholt oder der Mitarbeiter ohne Mitteilung über längere Zeit abwesend ist, ist eine Abmahnung unumgänglich. Arbeitgeber sollten den genauen Zeitraum, den Grund des Fehlens sowie alle bisherigen Kommunikationsversuche dokumentieren.
Wichtig ist, zwischen entschuldigtem und unentschuldigtem Fehlen zu unterscheiden – etwa, wenn eine verspätete Krankmeldung nachgereicht wird. Im Streitfall muss der Arbeitgeber beweisen können, dass der Arbeitnehmer tatsächlich ohne Entschuldigung fehlte. Eine lückenlose Dokumentation schützt daher vor arbeitsgerichtlichen Risiken.
2. Arbeitsverweigerung
Lehnt ein Arbeitnehmer bewusst ab, eine ihm übertragene und zumutbare Tätigkeit auszuführen, verletzt er seine Arbeitspflicht in erheblichem Maße. Hierbei ist entscheidend, dass die Weisung des Arbeitgebers rechtmäßig, eindeutig und im Rahmen des Direktionsrechts (§ 106 GewO) erfolgt ist.
Eine Abmahnung ist in diesem Fall erforderlich, um den Willen des Arbeitgebers klarzustellen und eine Grundlage für weitere Maßnahmen zu schaffen. Sie verdeutlicht, dass die Weigerung eine ernste Pflichtverletzung darstellt und bei Wiederholung eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein kann.
In der Praxis kommt es häufig zu Missverständnissen, etwa wenn ein Arbeitnehmer eine Anweisung für unzulässig hält. In solchen Fällen sollte der Arbeitgeber zunächst prüfen, ob die Anweisung tatsächlich dem Arbeitsvertrag entspricht. Eine ungerechtfertigte Weisungsverweigerung rechtfertigt die Abmahnung – eine berechtigte Weigerung hingegen nicht. Daher lohnt sich eine sorgfältige rechtliche Prüfung im Vorfeld.
Expertentipp:
Führe vor dem Aussprechen einer Abmahnung immer ein klärendes Gespräch und dokumentiere es schriftlich. Sollte der Arbeitnehmer eine Anweisung aus rechtlichen Gründen verweigern, kann dies gerechtfertigt sein. Eine Gesprächsnotiz in der Personalakte hilft, später nachzuweisen, dass du als Arbeitgeber verhältnismäßig und transparent gehandelt hast. Dies stärkt deine Position vor dem Arbeitsgericht erheblich.
3. Störung des Betriebsfriedens
Der Betriebsfrieden ist ein geschütztes Rechtsgut (§ 75 BetrVG). Er umfasst das respektvolle und faire Miteinander am Arbeitsplatz. Wenn ein Mitarbeiter wiederholt gegen diese Grundsätze verstößt – etwa durch Beleidigungen, Mobbing, Diskriminierung oder aggressives Verhalten –, kann das eine Abmahnung rechtfertigen.
In solchen Fällen ist eine genaue Sachverhaltsaufklärung erforderlich. Der Arbeitgeber sollte Zeugenaussagen, E-Mail-Korrespondenzen oder andere Nachweise sammeln, um den Vorfall objektiv zu belegen. Eine unklare oder unvollständige Darstellung kann im Streitfall zur Unwirksamkeit der Abmahnung führen.
Gerade bei zwischenmenschlichen Konflikten ist Fingerspitzengefühl gefragt. Eine Abmahnung sollte nur dann ausgesprochen werden, wenn das Verhalten tatsächlich den Betriebsablauf oder das Betriebsklima erheblich stört. Alternativ können Konfliktgespräche oder Mediationen helfen, um Eskalationen zu vermeiden. Erst wenn solche Maßnahmen scheitern, ist die Abmahnung das richtige Mittel, um Ordnung und Respekt im Unternehmen wiederherzustellen.
4. Unpünktlichkeit oder verspätete Rückkehr
Wiederholte Unpünktlichkeit ist eine häufige, aber oft unterschätzte Pflichtverletzung. Sie beeinträchtigt die Organisation, stört den Betriebsablauf und kann das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig schädigen.
Eine Abmahnung ist gerechtfertigt, wenn der Mitarbeiter regelmäßig zu spät kommt oder wiederholt verspätet aus Pausen oder Dienstreisen zurückkehrt. Dabei muss der Arbeitgeber die Verstöße konkret nachweisen – also Datum, Uhrzeit und Dauer der Verspätung festhalten. Ein einmaliges Zuspätkommen rechtfertigt noch keine Abmahnung, wohl aber eine wiederholte oder hartnäckige Unpünktlichkeit trotz vorheriger Hinweise.
Gerichte legen bei solchen Fällen großen Wert auf Verhältnismäßigkeit. Wenn der Arbeitnehmer beispielsweise aufgrund von Zugausfällen oder Witterungseinflüssen zu spät kommt, sollte zunächst eine mündliche Ermahnung erfolgen. Erst bei erkennbarer Gleichgültigkeit gegenüber Arbeitszeiten ist die schriftliche Abmahnung das geeignete Mittel.
Auch in Gleitzeitmodellen oder Homeoffice-Regelungen kann Unpünktlichkeit relevant sein, etwa wenn vereinbarte Kernarbeitszeiten regelmäßig nicht eingehalten werden. Arbeitgeber sollten in diesem Fall auf klare Zeitvorgaben und dokumentierte Verstöße achten.
5. Zusammenfassung
Eine Abmahnung ist kein Selbstzweck, sondern ein Instrument, um ein Fehlverhalten verbindlich und nachvollziehbar zu korrigieren. Sie dient der Verhaltensänderung, nicht der Bestrafung. Nur, wenn der Arbeitnehmer die Chance hat, sein Verhalten anzupassen, erfüllt die Abmahnung ihren Sinn.
Für Arbeitgeber ist sie zugleich ein wichtiges Beweismittel, um im Falle einer späteren Kündigung nachzuweisen, dass das Fehlverhalten bereits angemahnt wurde. Eine sorgfältige Dokumentation und rechtssichere Formulierung sind daher unerlässlich – insbesondere, wenn ein Arbeitsgericht über die Wirksamkeit einer Kündigung entscheidet.
Wie erstellt man eine Abmahnung im Arbeitsrecht
Schritt 1: Sachverhalt präzise darstellen
Der erste und wichtigste Schritt ist die genaue Beschreibung des Vorfalls. Eine Abmahnung ist nur dann wirksam, wenn der Sachverhalt konkret und nachvollziehbar dargelegt wird. Dazu gehören Datum, Uhrzeit, Ort, beteiligte Personen und eine objektive Darstellung des Geschehens. Beispiel: „Am 12. August 2025 haben Sie den Arbeitsplatz um 9:40 Uhr statt um 8:00 Uhr erreicht, ohne vorherige Mitteilung an Ihren Vorgesetzten.“
Diese Klarheit ist entscheidend, da der Arbeitnehmer das Recht hat, den Vorwurf nachvollziehen und sich dazu äußern zu können. Unpräzise oder pauschale Aussagen wie „Sie sind häufig zu spät“ oder „Ihre Arbeitsleistung ist unzureichend“ sind unzulässig, da sie nicht überprüfbar sind.
Arbeitgeber sollten auf wertende Begriffe verzichten und ausschließlich beweisbare Tatsachen verwenden. Eine sachliche Formulierung schützt nicht nur vor Missverständnissen, sondern zeigt auch, dass die Abmahnung auf objektiven Beobachtungen und nicht auf Emotionen basiert.
Schritt 2: Vertragsverletzung benennen
Nach der Schilderung des Sachverhalts muss die verletzte arbeitsvertragliche Pflicht eindeutig benannt werden. Dieser Schritt ist wichtig, weil er die rechtliche Grundlage der Abmahnung schafft. Der Arbeitnehmer soll klar erkennen, welche Regel oder Pflicht er verletzt hat und warum sein Verhalten vertragswidrig ist.
Beispielsweise kann auf konkrete Vertragsklauseln, betriebliche Richtlinien oder gesetzliche Vorschriften verwiesen werden:
„Mit Ihrem Verhalten haben Sie gegen Ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur Pünktlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 Ihres Arbeitsvertrages sowie gegen die geltende Betriebsordnung verstoßen.“
Je genauer die Bezugnahme, desto rechtssicherer ist die Abmahnung. Eine bloße Beschreibung des Fehlverhaltens ohne rechtliche Einordnung ist unvollständig. Arbeitgeber sollten auch prüfen, ob der Arbeitnehmer über die Pflicht belehrt oder auf bestehende Regelungen hingewiesen wurde – das kann im Streitfall entscheidend sein.
Darüber hinaus sollte die Abmahnung zwischen einmaligen Verstößen (z. B. Verspätung) und anhaltendem Verhalten (z. B. Arbeitsverweigerung) unterscheiden. Bei wiederholten Verstößen kann die Benennung auch auf frühere Abmahnungen Bezug nehmen, um die Schwere zu verdeutlichen.
Expertentipp:
Wenn du in der Abmahnung auf konkrete Vertragsklauseln verweist, füge die Paragraphen oder Zitate aus der Betriebsordnung an. So stellst du sicher, dass der Arbeitnehmer den Bezug versteht und der Inhalt im Streitfall objektiv überprüfbar ist. Je transparenter du formulierst, desto größer ist die Rechtssicherheit deiner Abmahnung.
Schritt 3: Warnung und Konsequenzen formulieren
Dieser Abschnitt ist das Herzstück jeder Abmahnung. Nur wenn der Arbeitnehmer klar erkennen kann, dass bei Wiederholung seines Verhaltens arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen, erfüllt die Abmahnung ihre Warnfunktion. Ohne diese Warnung verliert sie ihre rechtliche Wirkung und gilt lediglich als Ermahnung.
Die Formulierung sollte daher unmissverständlich sein, etwa:
„Wir erwarten, dass Sie künftig pünktlich zur Arbeit erscheinen. Sollten Sie erneut gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, behalten wir uns arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung gemäß § 626 BGB vor.“
Diese konkrete Androhung ist rechtlich notwendig, damit eine spätere Kündigung als „letztes Mittel“ (ultima ratio) gerechtfertigt ist. Eine zu vage oder zu milde Formulierung wie „Wir bitten um Besserung“ oder „Wir behalten uns Maßnahmen vor“ genügt nicht.
Auch ist es ratsam, den Arbeitnehmer im Gespräch über die Bedeutung der Abmahnung zu informieren. Eine schriftliche Dokumentation des Gesprächs (z. B. als Gesprächsnotiz in der Personalakte) kann später wertvoll sein, um zu belegen, dass die Warnung verstanden wurde.
Schritt 4: Zustellung dokumentieren
Die Abmahnung entfaltet erst dann rechtliche Wirkung, wenn sie dem Arbeitnehmer nachweislich zugegangen ist. Daher ist die Zustellung ein wesentlicher Bestandteil des Prozesses. Die sicherste Methode ist die persönliche Übergabe gegen Unterschrift. Dabei sollte ein Zeuge anwesend sein, der den Empfang bestätigt.
Alternativ kann die Abmahnung per Einschreiben mit Rückschein oder über den Betriebsrat zugestellt werden. In digitalen Arbeitsverhältnissen, etwa bei Remote-Teams, ist auch die elektronische Zustellung möglich – jedoch nur, wenn sie durch eine Lesebestätigung oder ein elektronisches Empfangsprotokoll dokumentiert wird.
Es empfiehlt sich, eine Kopie der Abmahnung in der Personalakte zu hinterlegen. Damit wird sichergestellt, dass sie bei späteren Verfahren als Nachweis dient. Arbeitgeber sollten außerdem den Zeitpunkt der Zustellung notieren und den Ablauf dokumentieren.
Ein häufiger Fehler ist es, Abmahnungen per E-Mail ohne Zustellnachweis zu versenden. Diese Methode ist unsicher, da der Erhalt nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Die Zustellungsdokumentation ist daher ebenso wichtig wie die inhaltliche Richtigkeit der Abmahnung selbst – sie schützt vor Formfehlern und sorgt für rechtliche Nachvollziehbarkeit.
Welche Bestandteile sollte eine Abmahnung enthalten
Eine wirksame Abmahnung enthält mehrere Pflichtangaben, damit sie im Streitfall vor Gericht Bestand hat.
- Absender und Empfänger: Beide Parteien müssen klar benannt werden.
- Beschreibung des Fehlverhaltens: Das Verhalten muss konkret und nachvollziehbar geschildert werden. Allgemeine oder pauschale Vorwürfe reichen nicht aus.
- Bezug zur Pflichtverletzung: Verweise auf den Arbeitsvertrag oder auf betriebliche Regelungen, um die Relevanz des Fehlverhaltens zu verdeutlichen.
- Aufforderung zur Verhaltensänderung: Der Arbeitnehmer muss klar erkennen, was von ihm künftig erwartet wird.
- Warnung vor Konsequenzen: Der Hinweis auf mögliche arbeitsrechtliche Schritte wie eine verhaltensbedingte Kündigung ist zwingend erforderlich.
- Datum, Unterschrift und Zustellnachweis: Nur mit diesen formellen Angaben ist die Abmahnung vollständig.
Eine strukturierte Vorlage hilft, keine dieser Angaben zu vergessen und ein rechtssicheres Schreiben zu erstellen.
Praktische Tipps für die Erstellung einer Abmahnung
- Sachlich bleiben: Formuliere ruhig und ohne Emotionen. Eine Abmahnung ist kein Vorwurfsschreiben, sondern ein juristisches Dokument.
- Beweislage sichern: Führe Zeugen, Protokolle oder E-Mails an, um das Fehlverhalten objektiv zu belegen.
- Zeitnah reagieren: Eine Abmahnung sollte unmittelbar nach dem Vorfall ausgesprochen werden. Verzögerungen können ihre Wirksamkeit schwächen.
- Verhältnismäßigkeit prüfen: Nicht jedes Fehlverhalten erfordert sofort eine Abmahnung. Ein klärendes Gespräch kann in manchen Fällen sinnvoller sein.
- Vorlagen nutzen: Mit Legally.io erstellst du ein rechtssicheres Dokument, das alle Anforderungen des Arbeitsrechts erfüllt. Das spart Zeit und sorgt für ein professionelles Ergebnis.
Expertentipp:
Bewahre jede Abmahnung zentral auf – am besten digital. Mit einer Dokumentationsplattform wie Legally.io kannst du Änderungen, Versionen und Zustellungen rechtssicher speichern. Dadurch lässt sich im Streitfall nachweisen, dass alle arbeitsrechtlichen Formalien korrekt eingehalten wurden. Das spart Zeit, vermeidet Papierchaos und schützt vor Beweisproblemen.
Wichtige Erkenntnisse
Die Abmahnung ist ein zentrales Mittel im Arbeitsrecht, um Verstöße zu rügen und rechtliche Klarheit zu schaffen. Sie ermöglicht es Arbeitgebern, auf Fehlverhalten zu reagieren, ohne sofort zu kündigen, und gibt Arbeitnehmern die Chance zur Besserung.
Je genauer und sachlicher sie formuliert ist, desto stärker ist ihre rechtliche Wirkung. Mit einer geprüften Vorlage und einem digitalen Dokumenten-Tool wie Legally.io stellst du sicher, dass alle rechtlichen Anforderungen eingehalten werden und dein Unternehmen rechtlich geschützt bleibt.






